48er-Treff vom 8. Juli 2020 

im Kloster Fischingen

2019 war es der Sonnenhut, dieses Jahr die Maske. Zwar liess die Corona-Pandemie wieder Zusammenkünfte im kleinen Rahmen zu. Konnten Abstände jedoch nicht eingehalten werden, mussten Masken getragen werden, auch bei unserem diesjährigen Treffen am 8. Juli. Paul Fuchs hatte nach Fischingen eingeladen.


v.l.n.r.: Georg Deuber, Ruedi Meier, Sepp Langenberger, Toni Hafner, Karl Herzog, Benni Bommer, Angelika Bischoff-Fuchs, Margrit Gujer-Rupaner, Rita Enderli-DeMartin, Vreni Fontana-Hofstetter

Die Kulturstätte Fischingen empfängt uns mit blauem Himmel, aufgezogenen Fahnen und Displayanzeige. Als Raststätte auf dem Pilgerweg nach Santiago del Compostela hat sie in ihrer bald 2000 jährigen Existenz wohl manch illustreren Gast als einen 48er mit Maske gesehen.

Organisator Paul Fuchs begrüsst die Jahrgänger: "Wir waren einmal vierzig in der Klasse, zum heutigen Treff haben sich 18 angemeldet und 4 kurzfristig wegen der schlechter gewordenen Corona-Lage wieder abgemeldet."

Bis 1814 war Fischingen eine Diözese von Konstanz, seit 1829 ist sie Diözese Basels. 1138 hat der Konstanzer Bischof Ulrich II. die Benediktinerabteil in seinem Herrschaftsgebiet gegründet. Äbte, welche das Kloster bis zur Reformation und später wieder in der Barockzeit verwalteten, haben sich im göttlichen Archiv an der Decke mit ihren Wappen verewigt.



Der Benediktiner-Konvent war bis zur Reformation für die Seelsorge der Pfarreien Dussnang, Bichelsee, Sirnach, Bettwiesen und Fischingen zuständing. Im 14. Jahrhundert erwarb Fischingen die Vogteien Bichelsee, Balterswil und Krillberg. Verwaltungs-Dokumente wurden in Schubalden im göttlichen Archiv aufbewahrt. Heute sind sie im Staatsarchiv gelagert.

Auf der sicheren Seite: Yvonne mit Maske (2020).

Marie-Louise Eberhard nimmt uns mit auf den Rundgang durch die Anlage und erklärt den etappenweisen Ausbau des Klosters. Die im Laufe der Zeit eingesetzten Äbte erweiterten den ursprünglichen Kernbereich mit eigenen Anbauten. Bereits der erste Abt, Waltram (1138-46), baute jedoch eine Kirche sowie gesonderte Behausungen für Mönche, Nonnen und Gäste. Fischingen war anfänglich ein Doppelkloster; der Frauenkonvent ist aber wahrscheinlich schon im 13. Jh. eingegangen.

Die Geschichte des Klosters Fischingen mit ihrem Benediktinerkonvent hat immer wieder Zäsuren erfahren. 1526 traten Abt und Mönche zur Reformation über, das Klosterleben erlosch. Nachdem es in der Barockzeit wieder zur neuen Blüte erwacht war, hob 1848 der thurgauische Grosse Rat Fischingen mit sieben anderen Klöstern im Kanton auf. Mit dem Klostergesetz 1836 begann die staatliche Verwaltung des Klosters. Nach Jahren im Exil konnte dann 1977 wieder eine Mönchsgemeinschaft errichtet werden. Sie zählt heute neun Mitglieder und wird von einem Prior angeführt. Während der Corona-Krise haben sie ihre Stundengebete und Psalmen von der Kirche in den Saal hinter der grossen Eingangstür verlegt.

Nach der Klosteraufhebung verkaufte der thurgauische Staat 1852 die Klostergebäude an den Winterthurer Fabrikanten Imhof, der darin eine Baumwollstoffabrikation errichtete. Weitere Besitzerwechsel folgten, bis 1973 der Ausnahmeartikel über die Wiedererrichtung von Klöstern in der Bundesverfassung gestrichen wurde. 1879 erwarb dann der Verein St. Iddazell das Kloster und errichtete darin ein Waisenhaus, das sich zur Erziehungsanstalt und heutigen IV-Ausbildungsstätte weiterentwickelte.

In der Barockzeit führten hervorragende Äbte den Konvent von 30 Mönchen zu einer religiösen, geistigen und kulturellen Blüte. So etwa der Abt Joachim Seiler von Wil (1672-1688), ein Schriftsteller und begehrter Prediger. In seine Zeit fällt auch der Bau der Klosterkirche (1685-1687), wie sie sich noch heute präsentiert.

Abt Augustin Bloch (1775-1815)  führte das Kloster durch die Wirren der Französischen Revolution und liess den unteren Chor der Kirche im frühklassizistischen Stil neu gestalten.



Die Idakapelle, heute ein Juwel barocker Baukunst, liess Abt Franz Troger von Altdorf (1688-1728) erbauen. Die Kapelle gilt als Kraftort und wird gerne von Gläubigen aufgesucht, die sich Heilung für ihre kranken Füsse versprechen. Am Fusse des Altars gibt es einen Hocker, wo man sich hinsetzen und die geschundenen Beine ausstrecken kann. Fischingen verehrt Idda als Heilige und gedenkt ihr jeweils am 3. November. Die einstige Herrin auf der Toggenburg und spätere Einsiedlerin soll um 1200 in der Kapelle begraben worden sein. Die Idda-Legende wird jedes Jahr am Ida Fest weitererzählt.

Mit ihren 33 Registern und 3 Manualen ist die Orgel im oberen Chor der Kirche Fischingen zwar kleiner als jene von Engelberg mit ihren 100 Registern und 5 Ebenen. Der voluminöse Klang der Fischinger Orgel und ein Blick in die Rokoko-verzierte Decke des Chors lassen jedoch keine Wünsche offen.

Die Wiler Organistin, Marie Louise Eberhard, stellt die Königin der Instrumente vor und spielt darauf einen Choral aber auch ein Volksstück.Orgelkostprobe vom 8. Juli 2020 Marie-Louise Eberhard

Dank Georg Deuber' Beitrag, der die Hälfte der Kosten für den Rundgang übernommen hat, blieb das Budget des Anlasses im Rahmen.

Manche Klosterräume aus dem 16. und 17. Jahrhundert befinden sich  in einem desolaten Zustand und sollten dringend renoviert werden. Der Verein Iddazell, dem das Kloster bis heute gehört, hat deshalb beim Kanton ein Gesuch um einen Beitrag aus dem Erlös des Börsenganges der Thurgauer Kantonalbank eingereicht und hofft 24 von den insgesamt 127 Millionen Franken zu erhalten.

Kürzlich konnte die Renovation der Klosterbibliothek, die als Konzertsaal genutzt wird,  für 1,2 Millionen Franken abgeschlossen werden. Die Aussenfassade wurde repariert, die Stuckdecke gesichert, die Beleuchtung erneuert und der Saal mit 180 bequemen Stühlen ausgestattet.

Kein typisches Thurgauer Essen, aber äusserst schmackhaft zubereitet: Zürcher Geschnetzeltes mit Rösti. Yvonne hat uns mit einer Kirschtorte aus dem Zugerland überrascht.

Kein Corona-Bier, sondern das Fischinger Pilgrimbier war der Durstlöscher des Tages.